"Vielseitigkeit war sein Markenzeichen"
Das künstlerische Lebenswerk von Erich Dittmann läßt sich nicht auf ein bestimmtes Genre festlegen. Die Verschiedenartigkeit seines Kunstschaffens über mehr als sechs Jahrzehnte ist überwältigend. In der nachfolgenden Bildergalerie sind jeweils nur beispielhaft einzelne Werke seines OEuvre zu sehen.
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Der beindruckenste und emotional den Betrachter tief bewegende Teil seines Kunstschaffens stellt der Kriegszyklus dar. Wenige Wochen nach Kriegsende und dramatischer Flucht über die Ostsee hat sich der damals erst dreißigjährige Erich Dittmann 1945/46 die schrecklichen Erlebnisse der vergangenen Jahre in über vierzig lavierten Federzeichnungen im wahrsten Sinne des Wortes von der Seele gemalt.
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Seit März 1959 erscheint jeden Samstag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung eine Portraitzeichnung, die sogenannten "Frankfurter Gesichter". Dies ist bis auf den heutigen Tag die älteste noch lebende Serie dieser Zeitung.
Ab Samstag den 14. August 1971 wurde Erich Dittmann dauerhaft die Verantwortung für diese Serie übertragen. Seither und kontinuierlich bis zu seinem Tod im November 1999, zeichnete Erich Dittmann wöchentlich ein neues Portrait für diese Serie. Damit entstanden alleine aus seiner Hand für die FAZ im Laufe von knapp dreißig Jahren über 1.200 Portraitzeichnungen bekannter Persönlichkeiten aus der Rhein-Main-Region.
Es kam sehr selten vor, daß die gleiche Person im Laufe der Jahrzehnte nochmals "Frankfurter Gesicht" wurde. Dem Künstler selbst wurde diese Ehre im September 1984 und zu seinem achtzigsten Geburtstag im Mai 1996 zuteil.
Zehn Jahre nachdem Erich Dittmann begonnen hatte diese Portraitserie zu zeichnen, publizierte die FAZ ein Buch mit einhundertfünfzig seiner "Frankfurter Gesichter". Das Vorwort hierzu schrieb der damalige Leiter der Redaktion -Zeitung für Frankfurt- Erich Helmensdorfer.
Nachdem Erich Dittmann bereits im Januar 1964, damals noch vertretungsweise, ein erstes "Frankfurter Gesicht" für die FAZ gezeichnet hatte, gestaltete er zwischenzeitlich noch eine Portraitserie in der Frankfurter Neue Presse, die sogenannten "Bernemer". Hierin wurden bekannte Persönlichkeiten aus Bornheim, dem größten Frankfurter Stadtteil, mittels Portraitzeichnung illustriert.
Neben seiner Tätigkeit als Portraitzeichner war Erich Dittmann schon seit den fünfziger Jahren als Pressezeichner{o} für die Rhein-Zeitung in Koblenz, bzw. ab den sechsziger Jahren für die Frankfurter Neue Presse und die Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig.
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Mit dem Auschwitz-Prozeß 1964 begann die Karriere von Erich Dittmann als Gerichtszeichner{o}, die sich 1974 mit den großen RAF-Terroristenprozessen in Stuttgart-Stammheim fortsetzte. In den nachfolgenden fünfundzwanzig Jahren war Erich Dittmann bei allen großen deutschen Prozessen vertreten und zeichnete diese exklusiv für das ZDF.
Im Jahr 2002 erschien im Verlag C.H.Beck ein Buch mit Gerichtszeichnungen von Erich Dittmann aus den Jahren 1963 - 1999. Es ist betitelt nach einem Ausruf von Fritz Teufel in Moabit: "Freiheit für alle! Nieder mit den schwarzen Paragrafenhengsten!"{o}
In der Neuen Juristischen Wochenschrift (NJW) erschien 2003 (Heft 9, S. 648) folgende Buchbesprechung von Cony Theis, Bildender Künstlerin aus Köln:
Mögen 5 Minuten vor Beginn einer Verhandlung Raum geben für eine Flut von elektronischen Aufzeichnungen der Prozessbeteiligten in einem Gerichtssaal, des Publikums, der Berge von Aktenordnern, der ersten „vorzeitlichen" Inszenierungen der Akteure - sie bleiben die 5 Minuten „vor der Zeit". In dieser kurzen Frist kann es nicht um die Entwicklung von Portraits gehen, sondern um technisch möglichst perfekte Aufzeichnungen, vielleicht um das Gelingen einer sensationellen Aufnahme, um das Gefrieren der Momente. Bei Gerichtsillustrationen hingegen muss man eher von einer Reifung sprechen. Sie entstehen während der realen Zeit der Verhandlung und im Verhältnis zur blitzartigen Speicherung der Apparaturen in unvergleichlicher Langsamkeit: Das Vergehen der Zeit ist gewissermaßen ihr Gerinnungsmittel. Zeichnung und Malerei arbeiten mit der Zeit, nicht gegen sie. Gerichtsillustratoren dient sie zur Wahrnehmung und sinnlicher Erkenntnis, sie entwickeln in ihr Essenzen des Geschehens. Dennoch: Sie müssen schnell sein, das Besondere des jeweiligen Tages konzentriert fassen, denn Prozessverläufe sind nur bedingt berechenbar. Eine Verhandlung kann sich über einen Tag erstrecken oder nach kürzester Zeit abgebrochen werden. Das Anliegen des Illustrators ist es, den spezifischen Besonderheiten von Fall zu Fall bildhaft zu entsprechen. Diesen Bedingungen wurde der Grafiker Erich Dittmann in wunderbarer Weise gerecht. Er hat als begnadeter Zeichner und Nestor dieser Zunft, die es nicht gibt, weil „Gerichtsillustrator" kein Beruf ist, über vier Jahrzehnte hinweg mit ungeheurer Treffsicherheit und größtmöglicher Objektivität mehr als 600 Prozesstage illustriert, im Auftrag von FAZ und ZDF. Durch seine langjährige Erfahrung verfügte Erich Dittmann auch über ein außergewöhnliches Repertoire zur Erfassung von kurzen, bewegten, aber wesentlichen Szenen. Der im Verlag C.H.Beck erschienene, sehr sorgfältig erarbeitete Katalog „Nieder mit den schwarzen Paragrafenhengsten" versammelt 106 seiner Illustrationen aus 70 Prozessen zwischen 1963 und 1999, wobei das Schwarz–Weiß der meisten Abbildungen der Zeichenkunst Dittmanns in erfreulicher Weise entspricht. Da Gerichtsillustratoren nur für Verhandlungen von besonderem Interesse beauftragt werden, ist dies ein Buch von Bildern (kein Bilderbuch) im besten Sinne, und zugleich eine Chronik der wichtigsten Prozesse dieser Zeit. [Zitatende]
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weitere Buchillustrationen:
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Dia-Serien und Hörbücher:
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Ausstellungen (posthum):
Tauchfahrten - Zeichnung als Reportage
- Kunstverein Hannover{o} (27.11.04 - 30.01.05)
- Kunsthalle Düsseldorf{o} (19.02.05 - 24.04.05)
Frühe und unbekannte Werke
- Galerie Heussenstamm-Stiftung{o} (17.01.07 - 09.02.07)